Impulspost Intern

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen zur Impulspost.

    AngeboteÜbersicht
    Menümobile menu

    Weihrauch ständiger Dienstbarkeit

    Sonn- und Feiertage sind mit anderen geteiltes Leben, bilden eine Art Resonanzboden der Freude und des Glücks

    Von Fulbert Steffensky, Professor für Religionspädagogik im Ruhestand

    Es ist schön zu feiern. Kann das eigentlich angeordnet werden? Wie feiert man richtig? Oder umgekehrt: Kann man beim Feiern Fehler machen?

    Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig!«, heißt das dritte Gebot. Es ist ein Satz zum Schutz der Freiheit. Der Sabbat war für das Volk Israel im neuen Land ein Erinnerungstag. Sie sollten nie vergessen, woher sie kamen: aus der Sklavenschaft im fremden Land, wo sie ausgebeutet waren und wo ihre Kinder nicht leben konnten. Gott bläut mit dem Gebot des Sabbats dem Volk den Gedanken der Freiheit ein und die Liebe zu ihr. Offensichtlich verrät es die eigene Freiheit so gerne, wie es seinen Gott verrät.

    Die Erinnerung geht weiter. Das Volk soll an diesem Tag auch an das Glück und an die Schönheit des eigenen Anfangs denken, an die Schöpfung und an das Paradies. Am Sabbatende sollten die jüdischen Hausväter auf ihre Fingernägel schauen. Man nahm an, dass die Nägel die letzte Spur der paradiesischen Haut seien, die der Mensch einmal zu Zeiten des Glücks und der Ganzheit hatte. Die Erinnerung an den Anfang weckte die Erinnerung an den geheimen Namen, den alle schon vor Gott haben und der einmal offenbar werden soll.

    Die Anfangserinnerung wurde zur Hoffnung auf das, was einmal werden soll im Reiche der Himmel. Alle Lebensmühe wird dort vorbei sein, niemand wird mehr Beute des anderen, und die Königswürde von allen wird offenbar werden. Und so trat man am Sabbat aus der Mühsal der Gegenwart. Die Menschen spielten das, was sie einmal sein werden: Freie im Lande der Freiheit; Söhne und Töchter dieses Gottes, der das Reich der Güte errichtet hat.

    Man arbeitete nicht an diesem Tag, wie es die Knechte tun, denn man spielte schon den Entronnenen. Man aß weißes Brot und trank Wein, man sang Lieder, als ginge das Leben schon. Der Sabbat wird Königin, Braut und Krone Gottes genannt. Die Menschen ermuntern sich in Liedern, einzutreten in das Reich, das noch kommen soll. In einem Lied zur Begrüßung des Sabbats heißt es: »Steh’ nicht beschämt, gräme dich nicht! Was bist du gebeugt, was betrübst du dich? Ermuntere dich! Auf, leuchte, denn es kommt dein Licht!«

    Die Christinnen und Christen feiern diese Freiheit im Gedächtnis an die Auferweckung Christi an einem anderen Tag, am Sonntag. Aber sie feiern das Gleiche, die Erinnerung an den guten Anfang des Lebens und die Vorwegnahme jenes ganzen Lebens, das jetzt noch verhüllt ist. Welche Schönheit liegt in der Feier des Sabbats oder des Sonntags! Welche Kühnheit, der gegenwärtigen Lebensplage, dem knechtischen Leben mit dem Sonntag sein endgültiges Recht zu bestreiten; sich die Poesie der Lieder und der Gebete zu erlauben; andere Kleider anzuziehen und zu essen und zu trinken und damit den zu spielen, der man erst werden wird!

    Die anderen Kleider und das andere Verhalten waren nicht nur Äußerlichkeiten. Sie waren der Hinweis auf den Geist der Sache. Eine störrische Größe hatte jene alte Zeit, in der der Sabbat oder der Sonntag beachtet wurde. Die Menschen entzogen sich trotz der Armut und der Kargheit jener Zeit dem Diktat des Funktionierens. Die Zeit und die Kräfte der Menschen und der Tiere lagen brach, sie brachten keinen Profit. Für einen Tag verweigerten sich die Menschen dem Reich der Zwänge. Sie nahmen die ihnen zugedachte Würde vorweg. Dieser Tag hob die Unterscheidung von Herr und Knecht und von Arm und Reich auf. »Den Sabbat feiern, bedeutet unsere letzte Unabhängigkeit von Zivilisation und Gesellschaft zu erfahren, von Leistung und Angst. Der Sabbat ist eine Verkörperung des Glaubens, dass alle Menschen gleich sind und dass die Gleichheit der Menschen ihren Adel ausmacht. Die größte Sünde des Menschen ist es zu vergessen, dass er ein Königskind ist.« (Abraham. J. Heschel)

    Was für den Sonntag gilt, gilt für jedes Feiern. Feiern heißt, dem Laufrad der puren Aktivität zu entkommen. Ich sehe die Werbung einer Tankstelle: »Geöffnet 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche.« Kein Sabbat, keine Unterbrechung, kein Rhythmus des Lebens und der Zeit, nur noch Profit. Das ist der neue Gott, der die köstliche Nutzlosigkeit des Sonntags nicht mehr will. Er will den Weihrauch ständiger Dienstbarkeit.

    Man hat früher vom Sonntagsgebot gesprochen. Wir sollten lieber von der Schönheit jenes Tages und aller Festtage sprechen. Es ist einem allerdings nicht immer nach Sonntag und Feiern zumute. Kann man eigentlich sozusagen nach Kalender feiern? Das Herz ist schwach, und da kann man dem nach Kalender erscheinenden Sonntag nur danken, dass er das müde Herz von sich selbst wegreißt, ob der Mensch will oder nicht. Eine weitere Köstlichkeit der Sonn- und Feiertage: Es sind Zeiten des geteilten Lebens. Man kann gelegentlich ein Glas Wein allein trinken. Es mag schön sein, aber es ist keine Feier. Früher war es üblich, dass die Verwandtschaft sich zu Feiern oder Festtagen traf. Heute sind es vielleicht eher die Freunde und Freundinnen, mit denen man die köstlichen Tage begeht.

    Wie auch immer, mit anderen Menschen Zeiten oder Anlässe festlich begehen, ist eine Art Resonanzboden der Freude und des Glücks. Sie teilen die stille Freude, die damit hörbar und kräftig wird. »Allein bist du klein«, sagt das Sprichwort. Klein ist man auch mit einsamer und nicht geteilter Freude. Ein letzter Gedanke, der die gestalteten Zeiten wichtig macht: Was wird aus den Kindern, wenn es keine Sonntage und keine Unterbrechungen der Zeit mehr gibt; wenn sie nicht mehr wissen, was ein Rhythmus ist? Werden sie nur noch lineare und verödete Zeiten kennen? Ohne die Heilkraft eines Rhythmus noch zu kennen? Die Älteren sind für die Kultur und die Schönheit ihres Lebens verantwortlich.

    Diese Seite:Download PDFDrucken

    Weiterarbeit

    1) Bibeltexte: Lukas 14,15-24 und 15,11-32

    2) Literatur

    • Fulbert Steffensky: »Feier des Lebens«, Kreuz-Verlag Freiburg 2009
    • Ksenija Auksutat: »Der Altar im Kirchenjahr: Schmücken – gestalten – verkündigen«, Gütersloher Verlagshaus 2013
    • Fabian Vogt: »Feier die Tage: Das kleine Handbuch der christlichen Feste«, Evangelische Verlagsanstalt 2018

    3) Internet: www.ekd.de/sonntagsruhe/presse

    4) Verwandte Themen des Kurses: Arbeit und Beruf, Die Freundschaft, Die Kunst, Die ethische Kraft der Hoffnung

    to top